Sanierungserlass in Altfällen

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hält in Altfällen, in denen ein Sanierungsgewinn bis einschließlich 8.2.2017 entstanden ist, an seinem sog. Sanierungserlass fest. Damit kann die Steuer, die auf den Sanierungsgewinn entfällt, erlassen werden. Das BMF widerspricht damit der aktuellen ungünstigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH).

Hintergrund: Ein Sanierungsgewinn entsteht bei einem sanierungsbedürftigen Unternehmen, wenn ein Gläubiger auf seine Forderung gegenüber dem sanierungsbedürftigen Unternehmen verzichtet und dieses seine Verbindlichkeit gewinnerhöhend ausbuchen muss. Um die sich hieraus ergebende Steuerbelastung abzumildern, hatte die Finanzverwaltung im Jahr 2003 den sog. Sanierungserlass veröffentlicht, der u. a. einen Erlass der Steuern ermöglichte.

Der Große Senat des BFH hat den Sanierungserlass im Jahr 2017 jedoch als rechtswidrig eingestuft, weil Sanierungsgewinne nur durch den Gesetzgeber begünstigt werden dürfen, nicht aber durch die Finanzverwaltung. Diese Entscheidung wurde am 8.2.2017 veröffentlicht (lesen Sie hierzu unsere Mandanten-Information 3/2017). Die Finanzverwaltung hat daraufhin in einem neuen Schreiben erklärt, dass sie am Sanierungserlass festhält, wenn der Forderungsverzicht bis einschließlich zum 8.2.2017 vollzogen worden ist. Hierauf hat wiederum der BFH mit zwei Urteilen reagiert und auch dieses neue Schreiben als rechtswidrig eingestuft.

Kernaussagen des BMF:

  • Trotz der aktuellen Urteile des BFH ist der Sanierungserlass in den Fällen anzuwenden, in denen der Sanierungsgewinn bis einschließlich 8.2.2017 entstanden ist. Nach Ansicht des BMF ist ein Festhalten an dem Sanierungserlass aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten.
  • Der Gesetzgeber hat für Sanierungsgewinne, die ab dem 9.2.2017 entstehen, eine gesetzliche Steuerbefreiung vorgesehen. Für Altfälle hat der Gesetzgeber aus Gründen des Vertrauensschutzes von einer Steuerbefreiung abgesehen und ist davon ausgegangen, dass insoweit die Finanzverwaltung weiterhin den Sanierungserlass anwendet.

Hinweise: Das BMF widersetzt sich damit dem BFH, der es gerade nicht akzeptiert, dass die Finanzverwaltung Sanierungsgewinne steuerlich begünstigt, sondern eine gesetzliche Regelung verlangt.

Für sanierungsbedürftige Unternehmen ist das neue BMF-Schreiben ausgesprochen vorteilhaft: Erfüllt das Unternehmen die Voraussetzungen des Sanierungserlasses, kann die Steuer auf den Sanierungsgewinn erlassen werden. Problematisch wird es allerdings, wenn es zu einem Streit mit dem Finanzamt darüber kommt, ob die Voraussetzungen des Sanierungserlasses erfüllt sind, z. B. die Sanierungseignung oder Sanierungsfähigkeit des Unternehmens gegeben sind. Der Weg zum Finanzgericht wird dann aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben, weil die Rechtsprechung den Sanierungserlass bereits dem Grunde nach für rechtswidrig hält und deshalb nicht anwendet.

Für Sanierungsgewinne, die ab dem 9.2.2017 entstehen, ist zwar eine gesetzliche Steuerbefreiung eingeführt worden. Diese Steuerbefreiung könnte jedoch eine europarechtswidrige Subvention darstellen und muss daher erst von der EU-Kommission genehmigt werden. Diese Genehmigung steht zurzeit noch aus.

Einheitsbewertung bei der Grundsteuer

Die sog. Einheitsbewertung, die die Grundlage für die Bemessung der Grundsteuer ist, ist nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verfassungswidrig. Der Gesetzgeber muss spätestens bis zum 31.12.2019 eine Neuregelung treffen; bis zu diesem Zeitpunkt darf das bisherige Recht weiter angewendet werden. Kommt es zu einer Neuregelung, darf das bisherige Recht darüber hinaus noch weitere fünf Jahre, längstens jedoch bis zum 31.12.2024, angewendet werden. Wird keine Neuregelung getroffen, fällt die Grundsteuer zum 1.1.2020 ersatzlos weg.

Hintergrund: Grundstücke müssen für steuerliche Zwecke bewertet werden, z. B. für die Grunderwerbsteuer, wenn Anteile an einer Immobiliengesellschaft verkauft werden, für die Erbschaft- und Schenkungsteuer, wenn Immobilien vererbt oder verschenkt werden, oder auch für die Grundsteuer. Für die Grundsteuer wird ein sog. Einheitswert durch Bescheid ermittelt, für den in den alten Bundesländern die Wertverhältnisse zum 1.1.1964 maßgeblich sind, in den neuen Bundesländern sogar die Wertverhältnisse zum 1.1.1935. Ein neuer Bewertungsstichtag wurde nie festgelegt. Auf der Grundlage dieses Einheitswertbescheides wird dann die Grundsteuer festgesetzt, wobei sich ihre Höhe nach einem Hebesatz richtet, den die Kommunen eigenständig festlegen.

Streitfälle: Das BVerfG musste über insgesamt fünf Fälle aus den alten Bundesländern entscheiden, in denen entweder die Grundstückseigentümer selbst die Verfassungswidrigkeit der Einheitsbewertung geltend gemacht hatten oder aber der Bundesfinanzhof (BFH) das BVerfG angerufen hatte, weil das Gericht die Einheitsbewertung wegen zu niedriger Werte für verfassungswidrig hielt.

Entscheidung: Das BVerfG hält die Einheitsbewertung ebenfalls für verfassungswidrig:

  • Die Einheitsbewertung ist in den alten Bundesländern zum 1.1.1964 durchgeführt worden und sollte nach der ursprünglichen Gesetzeskonzeption alle sechs Jahre erneut erfolgen, indem der neue Termin durch ein weiteres Gesetz festgelegt wird. Diese erneute Wertermittlung ist jedoch unterblieben, weil das Gesetz für den neuen Termin nie erlassen wurde. Hierdurch ist es zu einer erheblichen Wertverzerrung gekommen, weil unverändert der Wert zum 1.1.1964 zugrunde gelegt wird und nicht der aktuelle tatsächliche Verkehrswert.
  • Ein Gesetz, das an Werte anknüpft, ist aber nur dann verfassungsgemäß, wenn die Werte der Realität entsprechen. Zwar wäre es verfassungsrechtlich hinzunehmen, wenn alle Einheitswerte in gleichem prozentualem Umfang hinter dem jeweiligen aktuellen Verkehrswert zurückblieben. Dies ist allerdings nicht der Fall, weil sich bei vielen Grundstücken, z. B. in Großstädten, die Werte deutlich anders entwickelt haben als bei anderen Grundstücken, etwa auf dem Land.
  • Auch wenn eine Neubewertung sehr verwaltungsaufwändig ist, darf dieser Aufwand den Gesetzgeber nicht davon abhalten, die erforderliche Neubewertung durchzuführen.
  • Zwar ist somit die Einheitsbewertung verfassungswidrig. Das bisherige Recht gilt allerdings bis zu einer gesetzlichen Neuregelung weiter, die spätestens bis zum 31.12.2019 zu treffen ist (Neuregelungsfrist).
  • Sobald der Gesetzgeber eine Neuregelung erlässt, bleibt das bisherige Recht weitere fünf Jahre lang anwendbar, allerdings nicht über den 31.12.2024 hinaus, damit bis dahin die erforderliche Neubewertung aller zu bewertenden Immobilien (ca. 35 Mio. Immobilien) in Deutschland vorgenommen werden kann (Umsetzungsfrist). Danach darf das bisherige Recht nicht mehr angewendet werden.

Hinweise: Die Entscheidung überrascht nicht, da schon bei der Grunderwerbsteuer sowie bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer eine Anpassung der Grundstücksbewertung an die aktuellen Verkehrswerte durch das BVerfG angeordnet worden war und erfolgt ist.

Die Kläger hatten sicherlich gehofft, dass die von ihnen geltend gemachte Verfassungswidrigkeit zur Rechtswidrigkeit des Einheitswertbescheids und damit auch des Grundsteuerbescheids führen würde. Das BVerfG hat diese Hoffnung allerdings zunichte gemacht, da das bisherige Recht zunächst weiterhin angewendet werden darf.

Zwar ist denkbar, dass der Gesetzgeber auch eine rückwirkende Neuregelung erlässt. Angesichts der vom BVerfG gesetzten recht knapp bemessenen Neuregelungsfrist zum 31.12.2019 ist dies allerdings nicht zu erwarten. Vorsorglich kann gegen neue Einheitswertbescheide, die auf dem bisherigen Recht beruhen, Einspruch eingelegt werden und der Bescheid bis zu einer Neuregelung offen gehalten werden.

Verzicht auf Erstattung von Krankheitskosten

Trägt ein Privatversicherter Krankheitskosten selbst, um von seiner Krankenversicherung eine Beitragsrückerstattung zu erhalten, kann er diese Kosten nicht als Sonderausgaben absetzen. Denn die Krankheitskosten sind keine Beiträge zur Krankenversicherung. In Betracht kommt allenfalls ein Abzug als außergewöhnliche Belastungen.

Hintergrund: Zu den Sonderausgaben gehören u. a. Beiträge zu einer Krankenversicherung. Erhält der Versicherungsnehmer eine Beitragsrückerstattung, wird diese von den Sonderausgaben abgezogen.

Streitfall: Die Kläger sind Eheleute, die im Jahr 2013 Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung in Höhe von ca. 3.200 € gezahlt hatten. Sie hatten Krankheitskosten in Höhe von ca. 600 € selbst getragen und erhielten hierfür eine Beitragsrückerstattung von ca. 1.000 €. In ihrer Steuererklärung für das Jahr 2013 machten sie Sonderausgaben in Höhe von 2.800 € geltend. Den Betrag ermittelten sie, indem sie von den Versicherungsbeiträgen die um die selbst getragenen Krankheitskosten geminderte Beitragsrückerstattung abzogen (3.200 € KV-Beiträge minus 400 € [Beitragsrückerstattung 1.000 € abzüglich selbst getragener Krankheitskosten 600 €]). Das Finanzamt berücksichtigte die Krankheitskosten nicht, sondern setzte lediglich Sonderausgaben in Höhe von 2.200 € an (3.200 € KV-Beiträge minus 1.000 € Beitragsrückerstattung).

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Als Sonderausgaben sind Beiträge zu einer Krankenversicherung absetzbar. Die Zahlung muss also der Erlangung eines Versicherungsschutzes dienen.
  • Die von den Klägern getragenen Krankheitskosten dienten nicht der Erlangung eines Versicherungsschutzes, sondern der Behandlung einer Krankheit. Sie können daher nicht als Sonderausgaben geltend gemacht werden.
  • Unbeachtlich ist, dass die Kläger höhere Sonderausgaben hätten geltend machen können, wenn sie eine Erstattung der Krankheitskosten bei der Krankenversicherung beantragt hätten. Sie hätten dann keine Beitragsrückerstattung erhalten und ihre Versicherungsbeiträge in voller Höhe von 3.200 € als Sonderausgaben absetzen können. Im Steuerrecht sind fiktive Sachverhalte jedoch nicht zu berücksichtigen.
  • Zwar kommt grundsätzlich ein Abzug der selbst getragenen Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen in Betracht. Jedoch lag hier die Höhe der Krankheitskosten unterhalb der sog. zumutbaren Belastung der Kläger und wirkte sich deshalb nicht aus.

Hinweise: Der BFH hat bereits in der Vergangenheit entschieden, dass Zahlungen eines Krankenversicherten aufgrund einer Selbstbeteiligung nicht als Sonderausgaben abgesetzt werden können. Denn auch insoweit handelt es sich nicht um Zahlungen zur Erlangung eines Versicherungsschutzes, sondern um echte Krankheitskosten.

Es kann zwar wirtschaftlich vernünftig sein, auf eine Erstattung von Krankheitskosten gegenüber der Versicherung zu verzichten, um hierdurch die Beitragsrückerstattung zu erlangen. Allerdings ist es nach Ansicht des BFH nicht Aufgabe des Steuerrechts, dafür zu sorgen, dass dieser wirtschaftliche Vorteil auch steuerlich geschützt wird. Im Ergebnis muss der Versicherungsnehmer also die steuerliche Belastung, die sich aufgrund einer Beitragsrückerstattung in Gestalt der Kürzung des Sonderausgabenabzugs ergibt, in seine Überlegungen einbeziehen.

Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen

Die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen im Haushalt des Steuerpflichtigen wird auch dann gewährt, wenn eine Reparatur nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen erfolgt, sondern der Haushaltsgegenstand vom Handwerker mitgenommen und in seiner Werkstatt repariert wird.

Hintergrund: Für Handwerkerleistungen wegen Renovierung, Instandhaltung oder Modernisierung im Haushalt des Steuerpflichtigen wird eine Steuerermäßigung von 20 % auf den in der Rechnung ausgewiesenen Arbeitskostenanteil gewährt, höchstens aber 1.200 €. Dieser Ermäßigungsbetrag wird unmittelbar von der Steuer abgezogen.

Streitfall: Die Klägerin ließ ihr Hoftor durch einen Tischler reparieren. Der Tischler hatte das Hoftor ausgebaut, in seiner Werkstatt repariert und anschließend wieder im Hof der Klägerin eingebaut. Sein Lohnkostenanteil für die Reparatur betrug rund 1.000 €. Die Klägerin machte 20 % als Steuerermäßigung geltend. Das Finanzamt erkannte die Steuerermäßigung nicht an, weil die Reparatur nicht im Haushalt der Klägerin, sondern in der Werkstatt des Tischlers erfolgt war.

Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) gab der Klage statt:

  • Die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen wird für Renovierungsarbeiten, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Haushalt des Steuerpflichtigen gewährt. Der Begriff des Haushalts ist dabei nicht auf die Wohnung beschränkt, sondern räumlich-funktional zu verstehen. Daher gehört auch das gesamte Grundstück wie z. B. der Garten oder der Hof dazu. Damit ist die Reparatur eines Hoftores grundsätzlich begünstigt.
  • Unschädlich ist, dass die Reparatur nicht auf dem Grundstück der Klägerin erfolgt ist, sondern in der Werkstatt des Tischlers durchgeführt worden ist. Denn es genügt, dass der Leistungserfolg in der Wohnung bzw. auf dem Grundstück des Steuerpflichtigen eintritt. Daher darf der defekte Gegenstand vom Handwerker mitgenommen und repariert werden.

Hinweise: Das FG widerspricht der Auffassung der Finanzverwaltung, die nur solche Reparaturen steuerlich anerkennt, die vor Ort im Haushalt des Steuerpflichtigen durchgeführt werden. Die Revision gegen die Entscheidung ist beim BFH unter dem Aktenzeichen VI R 4/18 anhängig.

Nachzahlungszinsen verfassungswidrig?

Der Bundesfinanzhof (BFH) zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe von Nachzahlungszinsen für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015. Das Gericht hat daher in einem aktuellen Verfahren Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt. 

Hintergrund und Streitfall: Der Zinssatz für Nachzahlungszinsen beträgt seit dem Jahr 1961 unverändert für jeden Monat 0,5 % der nachzuzahlenden oder zu erstattenden Steuer (6 % pro Jahr). Im Streitfall setzte das Finanzamt (FA) gegen ein Ehepaar für den Zeitraum vom 1.5.2015 bis 16.11.2017 Nachzahlungszinsen in Höhe von rund 240.000 € fest. Die Antragsteller begehren die AdV des Zinsbescheids, da die Höhe der Zinsen von 0,5 % für jeden Monat verfassungswidrig sei. Das FA und das Finanzgericht der ersten Instanz lehnten dies ab.

Entscheidung: Der BFH dagegen gab dem Antrag statt:

  • Für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015 bestehen schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zinshöhe. Der gesetzlich festgelegte Zinssatz überschreitet den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität erheblich, da sich im Streitzeitraum ein niedriges Marktzinsniveaus strukturell und nachhaltig verfestigt hat.
  • Für die Höhe des Zinssatzes fehlt es an einer Begründung. Sinn und Zweck der Verzinsungspflicht besteht darin, den Nutzungsvorteil wenigstens zum Teil abzuschöpfen, den der Steuerpflichtige dadurch erhält, dass er während der Dauer der Nichtentrichtung über eine Geldsumme verfügen kann. Dieses Ziel ist wegen des strukturellen Niedrigzinsniveaus für den Streitzeitraum nicht erreichbar und trägt damit die realitätsferne Bemessung der Zinshöhe nicht.
  • Darüber hinaus wirkt die realitätsferne Bemessung der Zinshöhe in Zeiten eines strukturellen Niedrigzinsniveaus wie ein rechtsgrundloser Zuschlag auf die Steuerfestsetzung.

Hinweis: Ob die Zinsen gesenkt werden, muss letztendlich das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Dort sind bereits mehrere Klagen gegen die Höhe der Nachzahlungszinsen anhängig.

Merkblatt der OFD Karlsruhe zur „Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung“

Immer wieder führt die Frage der Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung bei bargeldintensiven Branchen wie Gastronomie und Einzelhandel zu Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung. Die OFD Karlsruhe hat nun ein achtseitiges Merkblatt herausgegeben, das bei der Vermeidung von Fehlern bei der Kassenbuchführung helfen soll. 

Innerhalb des Merkblattes sind Informationen zum Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht und möglichen Ausnahmen davon aus Zumutbarkeitsgründen, zum Einsatz von offenen Ladenkassen und elektronischen Registrierkassen, zur Verfahrensdokumentation, dem Datenzugriffsrecht, dem Gesetz zum Schutz vor Manipulation an digitalen Grundaufzeichnungen, zur Kassensicherungsverordnung, Kassennachschau sowie über die Folgen von Mängeln. Unter dem Link www.ofd-karlsruhe.de ist das Merkblatt abrufbar.

BFH zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit der Nachzahlungszinsen

BFH, Pressemitteilung Nr. 23/18 vom 14.05.2018 zum Beschluss IX B 21/18 vom 25.04.2018

Der Bundesfinanzhof (BFH) zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit von Nachzahlungszinsen für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015. Er hat daher mit Beschluss vom 25. April 2018 IX B 21/18 in einem summarischen Verfahren Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt. 

Die Entscheidung ist zu §§ 233a, 238 der Abgabenordnung (AO) ergangen. Danach betragen die Zinsen für jeden Monat ½ Prozent einer nachzuzahlenden oder zu erstattenden Steuer. Allein bei der steuerlichen Betriebsprüfung vereinnahmte der Fiskus im Bereich der Zinsen nach § 233a AO in den letzten Jahren mehr als 2 Mrd. Euro.

Im Streitfall setzte das Finanzamt (FA) die von den Antragstellern für das Jahr 2009 zu entrichtende Einkommensteuer zunächst auf 159.139 Euro fest. Im Anschluss an eine Außenprüfung änderte das FA am 13. November 2017 die Einkommensteuerfestsetzung auf 2.143.939 Euro. Nachzuzahlen war eine Steuer von 1.984.800 Euro. Das FA verlangte zudem in dem mit der Steuerfestsetzung verbundenen Zinsbescheid für den Zeitraum vom 1. April 2015 bis 16. November 2017 Nachzahlungszinsen in Höhe von 240.831 Euro. Die Antragsteller begehren die AdV des Zinsbescheids, da die Höhe der Zinsen von ½ Prozent für jeden Monat verfassungswidrig sei. Das FA und das Finanzgericht lehnten dies ab.

Demgegenüber hat der BFH dem Antrag stattgegeben und die Vollziehung des Zinsbescheids in vollem Umfang ausgesetzt. Nach dem Beschluss des BFH bestehen im Hinblick auf die Zinshöhe für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015 schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 233a AO i. V. m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO. Der BFH begründet dies mit der realitätsfernen Bemessung des Zinssatzes, die den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletze. Der gesetzlich festgelegte Zinssatz überschreite den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität erheblich, da sich im Streitzeitraum ein niedriges Marktzinsniveau strukturell und nachhaltig verfestigt habe.

Eine sachliche Rechtfertigung für die gesetzliche Zinshöhe bestehe bei der gebotenen summarischen Prüfung nicht. Auf Grund der auf moderner Datenverarbeitungstechnik gestützten Automation in der Steuerverwaltung könnten Erwägungen wie Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung einer Anpassung der seit dem Jahr 1961 unveränderten Zinshöhe an den jeweiligen Marktzinssatz oder an den Basiszinssatz i. S. d. § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht mehr entgegenstehen. Für die Höhe des Zinssatzes fehle es an einer Begründung. Der Sinn und Zweck der Verzinsungspflicht bestehe darin, den Nutzungsvorteil wenigstens zum Teil abzuschöpfen, den der Steuerpflichtige dadurch erhalte, dass er während der Dauer der Nichtentrichtung über eine Geldsumme verfügen könne. Dieses Ziel sei wegen des strukturellen Niedrigzinsniveaus im typischen Fall für den Streitzeitraum nicht erreichbar und trage damit die realitätsferne Bemessung der Zinshöhe nicht.

Es bestünden überdies schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel, ob der Zinssatz dem aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Übermaßverbot entspreche. Die realitätsferne Bemessung der Zinshöhe wirke in Zeiten eines strukturellen Niedrigzinsniveaus wie ein rechtsgrundloser Zuschlag auf die Steuerfestsetzung.

Der Gesetzgeber sei im Übrigen von Verfassungs wegen gehalten zu überprüfen, ob die ursprüngliche Entscheidung zu der in § 238 Abs. 1 Satz 1 AO geregelten gesetzlichen Höhe von Nachzahlungszinsen auch bei dauerhafter Verfestigung des Niedrigzinsniveaus aufrechtzuerhalten sei oder die Zinshöhe herabgesetzt werden müsse. Dies habe er selbst auch erkannt, aber gleichwohl bis heute nichts getan, obwohl er vergleichbare Zinsregelungen in der Abgabenordnung und im Handelsgesetzbuch dahin gehend geändert habe.

Eingliederungszuschüsse vom Arbeitsamt sind steuerpflichtige Betriebseinnahmen

Zuschüsse, die vom Arbeitsamt zur Eingliederung in Arbeit nach dem Sozialgesetzbuch dem Arbeitgeber gewährt werden, stellen zusätzliche Betriebseinnahmen dar und sind steuerpflichtig; sie sind nicht nach § 3 Nr. 2 b EStG steuerfrei. 

Der BFH hat mit Urteil vom 29. August 2017, Az.: VIII R 17/13, klargestellt, dass Eingliederungszuschüsse nach dem Sozialgesetzbuch II beim Arbeitgeber als steuerpflichtige Betriebseinnahmen zu erfassen seien. Sie fallen beim Arbeitgeber nicht unter die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 b EStG. Der BFH argumentiert seine Entscheidung unter anderem damit, dass bei unterstellter Steuerfreiheit der Zuschüsse die geltend gemachten Betriebsausgaben für die Lohnzahlungen an den Mitarbeiter nicht in voller Höhe Betriebsausgaben sein können, da sie im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen würden. Zwischen den Eingliederungszuschüssen einerseits sowie den Lohnzahlungen an die Arbeitnehmer andererseits besteht nämlich ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang.

IAB bei einer Personengesellschaft

Hat eine Personengesellschaft einen Investitionsabzugsbetrag (IAB) für eine künftige Investition gebildet, kann die Investition im sogenannten Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters durchgeführt werden.

Hintergrund: Ein Unternehmer kann für künftige Investitionen unter bestimmten Voraussetzungen einen IAB steuermindernd bilden. Die Investition ist dann innerhalb von drei Jahren durchzuführen; andernfalls muss der IAB rückgängig gemacht werden. Wird die Investition durchgeführt, musste der IAB nach der bis 2015 geltenden Rechtslage im Jahr der Anschaffung in Höhe von 40 % der Anschaffungs- und Herstellungskosten gewinnerhöhend hinzugerechnet werden. Anschließend konnten die Anschaffungskosten in dieser Höhe wieder gewinnmindernd herabgesetzt werden; die anschließende Abschreibung fiel dann entsprechend geringer aus.

Streitfall: Die Klägerin war eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), an der der A beteiligt war. Die GbR bilanzierte und bildete im Jahr 2008 einen gewinnmindernden IAB für zwei Wirtschaftsgüter, die sie anschaffen wollte. Drei Jahre später erwarb der A die beiden Wirtschaftsgüter und vermietete sie an die GbR. Damit gehörten die Wirtschaftsgüter zum Sonderbetriebsvermögen des A. Das Finanzamt machte den IAB bei der GbR im Besteuerungszeitraum 2008 rückgängig, weil die GbR keine Investitionen durchgeführt hatte, sondern nur ihr Gesellschafter A.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die GbR durfte einen IAB bilden, weil sie künftig Investitionen durchführen wollte.
  • Dieser IAB war nicht rückgängig zu machen; denn die Investitionen wurden durchgeführt. Zwar sind die Anschaffungen durch den Gesellschafter A in dessen Sonderbetriebsvermögen durchgeführt worden. Zum Betrieb einer Personengesellschaft gehört aber auch das Sonderbetriebsvermögen der einzelnen Gesellschafter, weil das Ergebnis des Sonderbetriebs in den steuerlichen Gewinn der Personengesellschaft eingeht.
  • Mit der Durchführung der Investition durch den Gesellschafter ist der IAB im Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters gewinnerhöhend hinzuzurechnen. Denn der Gesellschafter nimmt auch die Abschreibung für die angeschafften Wirtschaftsgüter in Anspruch.

Hinweise: Im Ergebnis wird der Gewinn also zwischen den Gesellschaftern verschoben. Die Bildung des IAB wirkt sich bei allen Gesellschaftern anteilig gewinnmindernd aus. Die Hinzurechnung des Investitionsabzugs bei Durchführung der Investition durch den Gesellschafter wirkt sich nur bei diesem gewinnerhöhend aus.

Seit 2016 muss der IAB bei der Anschaffung des Wirtschaftsgutes nicht mehr zwingend gewinnerhöhend hinzugerechnet werden, insoweit besteht nun ein Wahlrecht.

Rückgängigmachung eines IAB

Ein Investitionsabzugsbetrag (IAB) ist auch dann wegen Nichtvornahme der Investition rückgängig zu machen, wenn er zu Unrecht gebildet worden ist.

Streitfall: Der Kläger hatte im Jahr 2011 einen IAB gebildet, obwohl er dies nicht hätte tun dürfen (seine Gewinngrenze war überschritten). Sein Einkommensteuerbescheid 2011 wurde bestandskräftig. In der Folge führte er die Investition allerdings nicht durch. Der Kläger meint, der Bescheid für 2011 könne nicht mehr geändert und der IAB nicht mehr rückgängig gemacht werden, da dies nur bei einem rechtmäßig gebildeten IAB zulässig sei.

Entscheidung: Dem folgten die Richter des BFH nicht:

  • Die Vorschrift, nach der der IAB bei unterbliebener Investition rückgängig zu machen ist, differenziert nicht danach, ob im Abzugsjahr sämtliche materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Abzug vorgelegen haben.
  • Auch soll nach dem Zweck der Norm der IAB immer dann rückwirkend rückgängig gemacht werden, wenn die beabsichtigte Investition innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums nicht vorgenommen wurde. Dieser Zweck wird unabhängig davon erfüllt, ob im Veranlagungszeitraum des Abzugs die Gewinngrenze unter- oder überschritten war.

Hinweis: Stellt ein Unternehmer nach Bildung des IAB fest, dass er den IAB zu Unrecht gebildet hat, kann er umgehend die Änderung des Bescheids zu seinen Ungunsten beantragen. Auf diese Weise verhindert er, dass der Bescheid erst nach Ablauf des dreijährigen Investitionszeitraums geändert wird und so eine relativ hohe Zinsfestsetzung entsteht.