Keine Umsatzsteuerfreiheit für allgemeinen Fahrschulunterricht

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) lehnt eine Umsatzsteuerbefreiung für den Fahrschulunterricht für die Kfz Klassen B (bis 3,5 t) und C1 (3,5 t bis 7,5 t) ab. Denn Fahrschulunterricht ist nicht mit einem umsatzsteuerfreien Schul- bzw. Hochschulunterricht vergleichbar.

Hintergrund: Nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht sind nur bestimmte Unterrichtsleistungen umsatzsteuerfrei, z. B. der Unterricht durch Ersatzschulen, Hochschulen oder durch Privatschulen, der nach einer Bescheinigung der Kultusbehörde auf einen Beruf oder auf eine Prüfung vorbereitet.

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine Fahrschule (GmbH). Sie machte für den Fahrschulunterricht für die Klassen B und C1 die Umsatzsteuerfreiheit geltend. Das Finanzamt erkannte die Umsatzsteuerfreiheit nicht an. Der Fall kam zum Bundesfinanzhof (BFH), der im Jahr 2017 ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH richtete, damit dieser die Frage beantwortet, ob der Fahrschulunterricht für Kfz umsatzsteuerfrei ist. Über dieses Ersuchen hat der EuGH nun entschieden.

Entscheidung: Der EuGH lehnt eine Steuerbefreiung ab:

  • Ein Fahrschulunterricht erfüllt die Anforderungen an einen umsatzsteuerbefreiten Schul-/ Hochschulunterricht nicht.
  • Vielmehr handelt es sich um einen spezialisierten Unterricht, „der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt.“

Hinweise: Die abschließende Entscheidung über die Umsatzsteuerfreiheit der Fahrschule muss nun zwar der BFH treffen. Allerdings wird es nach dem Urteil des EuGH keinen Zweifel geben, dass die Umsatzsteuerfreiheit für den Fahrschulunterricht für die Klassen B und C1 zu verneinen ist. In Bezug auf die Klassen C und D (große Lkw und Busse) kommt dagegen weiterhin eine Befreiung als Berufsausbildung in Betracht.

Überlassung von Elektrofahrzeugen

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat sich in einem inoffiziellen Schreiben an den Verband der Automobilindustrie e.V. zur Neuregelung der Besteuerung von Elektro-Dienstwagen geäußert (siehe hierzu unsere Mandanten-Information von Januar 2019). Danach wird der neue steuerliche Vorteil nicht gewährt, wenn der Dienstwagen bereits vor dem 01.01.2019 an irgendeinen Arbeitnehmer schon einmal als Dienstwagen überlassen worden ist.

Hintergrund: Der Gesetzgeber hat den zu versteuernden Vorteil aus der Privatnutzung von betrieblichen Elektro-Kfz und extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen gemindert, indem der Wert von 1 % auf 0,5 % des Bruttolisten-preises monatlich gesenkt wird. Wird die Fahrtenbuchmethode angewendet, werden die Anschaffungskosten für das Elektro- bzw. Hybridelektrofahrzeug ebenfalls nur zur Hälfte angesetzt. Voraussetzung für die jeweilige Minderung ist, dass das Elektro- bzw. Hybridfahrzeug in den Jahren vom 01.01.2019 bis 31.12.2021 angeschafft wird.

Schreiben des BMF: Das BMF hat nun eine Anfrage des Verbands der Automobilindustrie e.V. zur zeitlichen Anwendung der Neuregelung beantwortet.

– Dem BMF zufolge setzt die Anwendung der Neuregelung – und damit die Minderung des steuerlichen Vorteils aus der Privatnutzung – bei der Überlassung eines Elektro- bzw. Hybridelektrofahrzeugs an einen Arbeitnehmer voraus, dass der Firmenwagen einem Arbeitnehmer erstmals nach dem 31.12.2018 und vor dem 01.01.2022 überlassen worden ist.

– Eine Überlassung zur privaten Nutzung liegt vor, wenn der Firmenwagen dem Arbeitnehmer für Privatfahren oder für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung überlassen wird.

– Die Neuregelung greift damit bei solchen Fahrzeugen nicht, die dem Arbeitnehmer bereits vor dem 01.01.2019 zur privaten Nutzung überlassen worden sind. Hier bleibt es bei der bisherigen Regelung, dass 1 % des Bruttolistenpreises angesetzt wird bzw. bei der Fahrtenbuchmethode die Anschaffungskosten für den Pkw und damit die Abschreibungen zu Grunde gelegt werden.

Hinweis: Der Bruttolistenpreis bzw. die Anschaffungskosten werden dann aber um einen pauschalen Abzug für den teureren Elektromotor gemindert (sogenannter Nachteilsausgleich). Dieser Abzug hängt von der Batteriekapazität ab.

Hinweise: Das BMF-Schreiben ist bemerkenswert, da das Gesetz auf die Anschaffung nach dem 31.12.2018 abstellt. Das BMF wendet die Neuregelung hingegen auch auf Fahrzeuge an, die vor diesem Zeitpunkt angeschafft oder geleast worden sind, sofern sie erst nach dem 31.12.2018 dem Arbeitnehmer zur Privatnutzung überlassen werden. Insofern ist das Schreiben positiv, weil nunmehr auch Altfahrzeuge unter die Regelung fallen, die nach dem 01.01.2019 erstmalig einem Arbeitnehmer zur privaten Nutzung überlassen werden. Eine Überlassung zur Privatnutzung vor dem 01.01.2019 ist hingegen schädlich. Die Anwendung der Neuregelung kann darüber hinaus nicht durch einen bloßen Wechsel des Nutzungsberechtigten zum Stichtag 01.01.2019 herbeigeführt werden.

Zinsen: Aussetzung der Vollziehung

Das Bundesfinanzministerium (BMF) folgt im Ergebnis der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und gewährt auf Antrag Aussetzung der Vollziehung für Zinsen für Verzinsungszeiträume ab dem 01.04.2012. Der BFH hat nämlich erneut ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des gesetzlichen Zinssatzes von 6 % geäußert.

Hintergrund: Der gesetzliche Zinssatz im Steuerrecht beträgt 6 % jährlich. Dies betrifft Zinsen für Steuernachzahlungen, für gestundete oder ausgesetzte Beträge und für hinterzogene Steuern. Die Höhe dieses Zinssatzes wird von Fachleuten für verfassungswidrig gehalten. Der BFH hat in zwei aktuellen Eilverfahren den Zinssatz in einer vorläufigen Prüfung zunächst für den Verzinsungszeitraum ab dem 01.04.2015 als verfassungswidrig angesehen und jüngst auch für den Verzinsungszeitraum ab 2012.

Aktuelles Schreiben: Das BMF akzeptiert die beiden BFH-Entscheidungen zur möglichen Verfassungswidrigkeit und gewährt nunmehr auf Antrag des Zinsschuldners Aussetzung der Vollziehung für Verzinsungszeiträume ab dem 01.04.2012.

Hinweis: Das aktuelle BMF-Schreiben gilt in allen offenen Fällen und ersetzt das bisherige BMF-Schreiben, das eine Aussetzung der Vollziehung nur für den Verzinsungszeitraum ab dem 01.04.2015 vorsah.

Für Verzinsungszeiträume vor dem 01.04.2012 gewährt das BMF nicht ohne Weiteres Aussetzung der Vollziehung. Hier muss ein besonderes berechtigtes Interesse an der Aussetzung der Vollziehung dargelegt werden. Dieses ist dann gegeben, wenn dem Steuerpflichtigen die Zahlung der Zinsen nicht zuzumuten ist, weil er ansonsten z. B. Insolvenz anmelden müsste. Insoweit kommt es möglicherweise aber noch zu weiteren Gerichtsentscheidungen, in denen auch für Verzinsungszeiträume vor dem 01.04.2012 verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe des Zinssatzes von 6 % geäußert werden und Aussetzung der Vollziehung gewährt wird.

Bundesfinanzministerium zur Realteilung

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat ein neues Schreiben zur Realteilung von unternehmerisch tätigen Personengesellschaften veröffentlicht. Das Schreiben übernimmt die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und ersetzt das bisherige Schreiben aus dem Jahr 2016. Das BMF-Schreiben ist für die Finanzämter bindend, nicht jedoch für die Finanzgerichte.

Hintergrund: Bei einer Realteilung wird eine unternehmerisch tätige Personengesellschaft in der Weise aufgelöst, dass jeder der Gesellschafter einen Teil des Gesellschaftsvermögens erhält und damit weiterhin unternehmerisch tätig ist, z. B. als Einzelunternehmer. Eine Realteilung hat den Vorteil, dass die sogenannten stillen Reserven der Wirtschaftsgüter, die der einzelne Gesellschafter übernimmt, nicht versteuert werden müssen. Unter den stillen Reserven versteht man die Differenz zwischen dem aktivierten Buchwert und dem höheren Verkehrswert.

Kernaussagen des BMF:

– Das BMF unterscheidet nunmehr ebenso wie der BFH zwischen echter und unechter Realteilung.

– Bei der echten Realteilung wird die Personengesellschaft aufgelöst, und jeder Gesellschafter übernimmt einen Teil des Gesellschaftsvermögens (s. Hintergrund).

– Daneben gibt es noch die unechte Realteilung, bei der einer der Gesellschafter aus der Personengesellschaft ausscheidet und einen Teil des Gesellschaftsvermögens mitnimmt und damit unternehmerisch tätig wird. Die übrigen Gesellschafter führen den Betrieb der bisherigen Personengesellschaft fort.

– Beide Arten der Realteilung sind begünstigt, so dass die stillen Reserven der Wirtschaftsgüter, die auf die Gesellschafter der aufgelösten Gesellschaft (echte Realteilung) bzw. auf den ausscheidenden Gesellschafter übergehen (unechte Realteilung), grundsätzlich nicht versteuert werden müssen.

Bei der unechten Realteilung erkennt das BMF eine steuerbegünstigte Realteilung auch dann an, wenn der ausscheidende Gesellschafter nur Einzelwirtschaftsgüter übernimmt und nicht einen Teilbetrieb/Mitunternehmeranteil.

Hinweise: Damit hält das BMF an seiner bisherigen Auffassung nicht mehr fest, nach der der ausscheidende Gesellschafter bei einer unechten Realteilung einen Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil erhalten müsse, damit eine begünstigte (unechte) Realteilung vorliegt. Die Mitnahme von Einzelwirtschaftsgütern reicht aus; diese müssen jedoch weiterhin betrieblich genutzt werden.

Alle Gesellschafter können beantragen, dass die aktuellen Ausführungen des BMF zur unechten Realteilung nicht angewendet werden, wenn die unechte Realteilung vor dem 01.01.2019 stattgefunden hat.

Das aktuelle Schreiben enthält darüber hinaus zahlreiche weitere Ausführungen zur Realteilung wie z. B. die steuerliche Behandlung von Ausgleichszahlungen unter den Gesellschaftern, die Bewertung des übernommenen Betriebsvermögens oder die Sperrfrist, die zu beachten ist, damit die stillen Reserven nicht versteuert werden müssen. Insoweit werden allerdings die Grundsätze aus dem bisherigen Schreiben zur Realteilung übernommen.

Abzug nicht anerkannter Heilmethoden

Die Vorlage eines knappen amtsärztlichen Attests kann ausreichen, um Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden als außergewöhnliche Belastung abzuziehen.

Hintergrund: Die Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel wird i. d. R. durch eine Verordnung eines Arztes nachgewiesen. Seit 2011 ist bei bestimmten Maßnahmen der Nachweis der Zwangsläufigkeit in qualifizierter Form zu führen, und zwar „durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung“ (u. a. bei wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden). Der Nachweis muss vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestellt worden sein.

Sachverhalt: Die Kläger ließen ab Februar 2011 ihre seit ihrer Geburt schwerbehinderte Tochter in einem von zwei Heilpraktikern betriebenen Naturheilzentrum behandeln. Nachdem die Krankenkasse eine Erstattung der Kosten (16.800 €) abgelehnt hatte, machten die Kläger die Auf-wendungen im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend und legten ein privatärztliches Attest einer Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde (Homöopathie) vor. Diese kam zu dem Ergebnis, dass bei dem schweren Krankheitsbild jeder Versuch, das Ergebnis zu verbessern, für die Familie wichtig und auch medizinisch jeder positive Impuls für das Kind zu begrüßen sei, weshalb sie auch ärztlich die Teilnahme am Förderprogramm des Naturheilzentrums empfehle. Auf diesem Attest hatte der zuständige Amtsarzt vermerkt: „Die Angaben werden amtsärztlich bestätigt“.

Das beklagte Finanzamt erkannte die Behandlungskosten mit der Begründung nicht an, dass die knappe Äußerung des Amtsarztes kein „amtsärztliches Gutachten“ darstelle.

Entscheidung: Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg:

– Die Tochter der Kläger ist mit wissenschaftlich nicht anerkannten Methoden behandelt worden, so dass der Nachweis der Zwangsläufigkeit in qualifizierter Form geführt werden musste.

– Diese Anforderungen waren im Streitfall erfüllt: Zwar wird für den Nachweis u. a. ein „amtsärztliches Gutachten“ verlangt. Jedoch wird nicht nur den Amtsarzt, sondern in gleicher Weise auch der Medizinische Dienst der Krankenversicherung ermächtigt, die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen bei unkonventionellen Behandlungsmethoden zu bestätigen. Und dieser muss lediglich eine „ärztliche Bescheinigung“ ausstellen.

– Vor diesem Hintergrund sind an das „Gutachten“ des Amtsarztes keine höheren Anforderungen als an eine „Bescheinigung“ der Krankenversicherung zu stellen.