Ausfall einer privaten Darlehensforderung

Der Ausfall einer privaten Darlehensforderung ist steuerlich absetzbar. Es ist nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige seine wertlose Darlehensforderung mit Verlust verkauft.

Hintergrund: Seit Einführung der sog. Abgeltungsteuer werden auch Gewinne und Verluste aus dem Verkauf oder der Rückzahlung von privaten Darlehensforderungen als Kapitaleinkünfte behandelt.

Streitfall: Der Kläger gewährte im Jahr 2010 einem Dritten ein verzinsliches Darlehen. Im Jahr 2012 wurde über das Vermögen des Dritten das Insolvenzverfahren eröffnet, so

dass der Kläger einen Restbetrag von ca. 20.000 € zur Insolvenztabelle anmeldete. Diesen Betrag machte er in seiner Einkommensteuererklärung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage dem Grunde nach statt und verwies die Sache an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung zurück:

  • Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören seit der Einführung der Abgeltungsteuer im Jahr 2009 auch Wertveränderungen bei Darlehensforderungen. Es werden also nicht mehr nur die Zinsen als Kapitaleinnahmen erfasst, sondern auch Gewinne und Verluste aus dem Verkauf von Darlehensforderungen bzw. aus der Rückzahlung von Darlehen, wenn die Darlehensforderung unter dem Nennwert erworben wurde und der Darlehensschuldner nun das Darlehen vollständig zurückzahlt.
  • Der Kläger hat seine Darlehensforderung zwar nicht verkauft, sondern sie ist ausgefallen. Ein Ausfall wird einem Verkauf aber gleichgestellt. Wenn der Gesetzgeber nämlich die Rückzahlung eines – unter dem Nennwert erworbenen – Darlehens als Gewinn erfasst, muss konsequenterweise auch der Ausfall der Rückzahlung als Verlust berücksichtigt werden. Der Steuerpflichtige ist daher nicht gezwungen, seine wertlos gewordene Darlehensforderung zu verkaufen.
  • Der Verlust wird jedoch erst dann berücksichtigt, wenn der Ausfall des Darlehens endgültig feststeht. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens reicht hierfür noch nicht aus, wohl aber die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse. Das FG muss nun den Zeitpunkt des Ausfalls ermitteln.

Hinweise: Der BFH beantwortet eine für die Praxis wichtige Rechtsfrage zugunsten der Steuerpflichtigen. Denn das Gericht erkennt den Ausfall eines Darlehens steuerlich genauso an wie den Verlust aus der Veräußerung einer Darlehensforderung zu einem Preis unter dem Nennwert der Forderung.

Diese Rechtsfrage war bislang umstritten, weil das Gesetz ausdrücklich nur den Verlust aus der Veräußerung einer Forderung erwähnte, nicht aber den bloßen Ausfall der Darlehensforderung. In der Praxis wurde daher häufig sicherheitshalber eine wertlos gewordene Forderung noch zu einem geringfügigen Kaufpreis von z. B. 1 € an einen Dritten oder Angehörigen verkauft, um den Verlust steuerlich geltend zu machen. Nach dem aktuellen Urteil ist ein solcher Verkauf nicht mehr erforderlich. Allerdings erleichtert ein Verkauf die Bestimmung des Zeitpunkts der Entstehung des Verlustes.

Das Urteil betrifft den Ausfall privater Darlehensforderungen. Andere Grundsätze können gelten, wenn es sich um die Darlehensforderung eines mit 1 % an einer GmbH beteiligten Gesellschafters handelt, der das Darlehen seiner GmbH gewährt hat.

Neues zur doppelten Haushaltsführung

Eine doppelte Haushaltsführung liegt nicht vor, wenn die Hauptwohnung des Arbeitnehmers noch im Einzugsbereich des Beschäftigungsortes liegt und der Arbeitnehmer von seiner Hauptwohnung aus die Arbeitsstelle in zumutbarer Weise täglich erreichen kann. Die Kosten für eine Zweitwohnung, die näher an der Arbeitsstelle liegt, sind dann nicht absetzbar.

Streitfall: Der Kläger wohnte mit seiner Ehefrau und deren zwei Kindern in B. Er arbeitete in A, das 36 km entfernt lag und mit dem Pkw bzw. den öffentlichen Verkehrsmitteln in rund einer Stunde zu erreichen war. Der Kläger mietete in A eine Zweitwohnung an und machte die Miete in Höhe von ca. 15.000 € als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung geltend, die das FA nicht anerkannte.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Eine doppelte Haushaltsführung ist nur dann zu bejahen, wenn Hauptwohnsitz und Beschäftigungsort auseinanderfallen. Befinden sich aber sowohl der Hauptwohnsitz als auch die Zweitwohnung am Beschäftigungsort, sind Werbungskosten für eine doppelte Haushaltsführung nicht anzuerkennen.
  • Der Begriff des Beschäftigungsorts ist weit auszulegen. Der Beschäftigungsort umfasst also nicht nur die politische Gemeinde, sondern auch den Einzugsbereich, von dem aus man üblicherweise die Arbeitsstätte in zumutbarer Weise täglich erreichen kann. Einen allgemeinen Richtwert für eine bestimmte Mindestentfernung gibt es nicht. Entscheidend ist die individuelle Verkehrsverbindung zwischen Hauptwohnung und Beschäftigungsort.
  • Im Streitfall betrug die Entfernung zwischen der Hauptwohnung und der Arbeitsstätte 36 km. Die Fahrt mit dem Pkw dauerte unter Berücksichtigung eines Zeitzuschlags wegen Staugefahr etwa 1 Stunde, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ca. 1 Stunde und 10 Minuten. Eine derartige Fahrzeit ist in Großstädten durchaus üblich, sodass dem Kläger eine tägliche Fahrt von seinem Hauptwohnsitz in B zu seinem Beschäftigungsort in A zuzumuten war. Damit lag der Hauptwohnsitz in B noch im Einzugsbereich des Beschäftigungsorts A, sodass keine doppelte Haushaltsführung bestand.

Hinweis: Zum Beschäftigungsort zählt der gesamte Einzugsbereich, ohne dass es auf die Gemeinde- oder Stadtgrenzen oder auf die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Bundesland ankommt. Als grobe Richtschnur für die Zugehörigkeit zum Einzugsbereich gilt eine Fahrzeit von etwa einer Stunde. Solange sich die Arbeitsstätte also innerhalb einer Stunde vom Familienwohnsitz aus erreichen lässt, wird eine doppelte Haushaltsführung nicht anerkannt.

Schenkungsteuer bei überhöhter Miete

Eine von einer GmbH gezahlte überhöhte Vergütung an eine dem GmbH-Gesellschafter nahe stehende Person ist keine Schenkung der GmbH an die nahe stehende Person, wenn der Gesellschafter an der Vereinbarung mitgewirkt hat. Allerdings kann es sich um eine Schenkung des Gesellschafters selbst an die ihm nahe stehende Person handeln.

Hintergrund: Zahlt eine GmbH an einen Gesellschafter ein überhöhtes Gehalt, einen überhöhten Kaufpreis oder eine überhöhte Miete, stellt sich die Frage, ob der unangemessene Teil der Vergütung eine Schenkung der GmbH darstellt. Diese Frage stellt sich auch dann, wenn die überhöhte Vergütung nicht dem Gesellschafter selbst, sondern an eine diesem nahe stehende Person, z. B. an seinen Ehegatten, gezahlt wird. Ertragsteuerlich wird der unangemessene Teil als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt und dem Einkommen der GmbH wieder hinzugerechnet.

Streitfälle: Der Bundesfinanzhof (BFH) musste über drei Fälle entscheiden, in denen eine GmbH jeweils eine überhöhte Miete bzw. einen überhöhten Kaufpreis an eine dem Gesellschafter nahe stehende Person (dessen Mutter bzw. Ehegatten oder Bruder) zahlte. Den jeweiligen Miet- bzw. Kaufvertrag hatte der Gesellschafter unterzeichnet. Das Finanzamt behandelte den überhöhten Teil des Kaufpreises/der Miete als verdeckte Gewinnausschüttung. Zudem sah es in dem überhöhten Teil des Preises eine Schenkung der GmbH und setzte Schenkungsteuer gegenüber der dem Gesellschafter nahe stehenden Person fest.

Entscheidung: Der BFH verneinte Schenkungen der GmbHs an die jeweils nahe stehende Person:

  • Zu Schenkungen gehören auch gemischte Schenkungen, bei denen ein überhöhter Preis bzw. eine überhöhte Miete oder ein überhöhtes Gehalt gezahlt werden. Der Schenkungsteuer unterliegt dann der überhöhte Teil.
  • Wird an einen Gesellschafter eine überhöhte Vergütung gezahlt, so beruht diese überhöhte Zahlung auf dem Gesellschaftsverhältnis. Es handelt sich dann um eine Gewinnausschüttung, die verdeckt erfolgt und die den Gewinnanspruch des Gesellschafters mindert. Denn aufgrund der überhöhten Zahlung steht der GmbH weniger Geld für die offene Gewinnausschüttung zur Verfügung. Dies gilt auch dann, wenn die überhöhte Vergütung an eine dem Gesellschafter nahe stehende Person gezahlt wird, d. h. an dessen Angehörigen.
  • Beruht die überhöhte Vergütung auf dem Gesellschaftsverhältnis zwischen der GmbH und dem Gesellschafter, kann es sich nicht um eine Schenkung handeln. Denn es fehlt an der Freigebigkeit, weil die GmbH im Hinblick auf den Gewinnanspruch des Gesellschafters leistet und an dessen Angehörigen zahlt.
  • Die überhöhte Vergütung beruht auf dem Gesellschaftsverhältnis, wenn der Gesellschafter an der Vereinbarung, die eine überhöhte Zahlung festlegt, mitgewirkt hat. Diese Mitwirkung kann darin bestehen, dass der Gesellschafter den Miet-, Kauf- oder Dienstvertrag als Gesellschafter-Geschäftsführer mit unterzeichnet, dass er den Geschäftsführer zum Vertragsabschluss anweist, dass er dem Vertrag zustimmt oder dass er in sonstiger Weise auf den Vertragsabschluss hinwirkt. In den Streitfällen hatte der jeweilige Gesellschafter den Vertrag mit unterschrieben oder als Geschäftsführer abgeschlossen.
  • Zwar lagen danach keine Schenkungen der GmbHs an die dem Gesellschafter nahe stehende Personen vor. Allerdings ist es denkbar, dass der jeweilige Gesellschafter selbst als Schenker anzusehen ist und damit eine Schenkung des Gesellschafters an die ihm nahe stehende Person (Angehörigen) vorgelegen hat. Hierüber brauchte der BFH jedoch nicht zu entscheiden, da das Finanzamt nur eine Schenkung der jeweiligen GmbH an die nahe stehende Person besteuert hatte.

Hinweise: Die drei aktuellen Urteile sind Grundsatzentscheidungen im Bereich der Schenkungsteuer bei Kapitalgesellschaften. Dabei korrigiert der BFH seine bisherige Rechtsprechung, nach der eine überhöhte Leistung der GmbH an eine dem Gesellschafter nahe stehende Person keine Schenkung des Gesellschafters sein könne, weil es an einer Vermögensverschiebung zwischen dem Gesellschafter und der nahe stehenden Person fehlte.

Nunmehr sieht der BFH die Vermögensverschiebung zwischen dem Gesellschafter und der nahe stehenden Person darin, dass der Gesellschafter einen geringeren Gewinnausschüttungsanspruch hat, wenn die GmbH eine überhöhte Zahlung an den Angehörigen des Gesellschafters leistet. Die Finanzämter werden die aktuellen Urteile möglicherweise zum Anlass nehmen, die Schenkungsteuerpflicht bei verdeckten Gewinnausschüttungen, die aus überhöhten Leistungen der GmbH an eine dem Gesellschafter nahe stehende Person resultieren, zu prüfen.

Darlehen und Bürgschaften von GmbH-Gesellschaftern

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat seine Rechtsprechung zur steuerlichen Anerkennung von Verlusten aus Darlehensforderungen eines GmbH-Gesellschafters sowie von Aufwendungen aus einer Bürgschaft des GmbH-Gesellschafters für Verbindlichkeiten der GmbH geändert. Derartige Verluste und Aufwendungen werden grundsätzlich nicht mehr steuerlich berücksichtigt, wenn das Darlehen ab dem 27.09.2017, dem Tag der Urteilsveröffentlichung, gewährt bzw. stehengelassen oder die Bürgschaft ab dem 27.09.2017 übernommen wird.

Hintergrund: Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH kann ein GmbH-Gesellschafter, dessen Beteiligung zu seinem Privatvermögen gehört, bei der Veräußerung oder Auflösung seiner GmbH nicht nur seine Einlage vom Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn abziehen, sondern auch den Ausfall von Darlehensforderungen sowie die Inanspruchnahme aus einer für die GmbH eingegangenen Bürgschaft als sog. nachträgliche Anschaffungskosten absetzen, und zwar zu 60 % nach dem Teileinkünfteverfahren. Die Voraussetzungen für den Abzug richteten sich bislang nach dem sog. Eigenkapitalersatzrecht, das zivilrechtlich bereits im Jahr 2009 abgeschafft worden ist.

Sachverhalt: Dem Kläger wurde im Jahr 2010 eine GmbH-Beteiligung von seinem Vater im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen. Bereits im Jahr 2006 hatte sich der Kläger, obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht Gesellschafter war, für Verbindlichkeiten der GmbH verbürgt; allerdings hatte die Bank zu diesem Zeitpunkt bereits eine Beteiligung des Klägers gefordert. Im Jahr 2011 geriet die GmbH in Insolvenz, und der Kläger wurde aus der Bürgschaft in Höhe von ca. 140.000 € in Anspruch genommen. Er machte die Bürgschaftszahlungen in Höhe von 140.000 €, die von seinem Vater übernommene Einlage von 27.000 € sowie weitere Kosten von ca. 8.000 € als Auflösungsverlust geltend. Das Finanzamt erkannte die Bürgschaftszahlungen steuerlich nicht an.

Entscheidung: Der BFH hat der Klage aus Gründen des Vertrauensschutzes stattgegeben; künftig werden in solchen Fällen der Darlehensausfall und die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft jedoch nicht mehr absetzbar sein:

An der bisherigen Anknüpfung an das Eigenkapitalersatzrecht hält der BFH nicht mehr fest, da das Eigenkapitalersatzrecht zivilrechtlich bereits seit dem Jahr 2009 nicht mehr gilt. Es kommt daher künftig nicht mehr darauf an, ob ein Darlehen des GmbH-Gesellschafters oder eine von ihm eingegangene Bürgschaft funktionell wie haftendes Eigenkapital zu behandeln ist.

Entscheidend ist künftig vielmehr, ob das Gesellschafterdarlehen oder die vom Gesellschafter eingegangene Bürgschaft den handelsrechtlichen Anschaffungskostenbegriff erfüllt. Dies ist der Fall, wenn Darlehen oder Bürgschaft zu einer offenen oder verdeckten Einlage führen. Steuerlich werden künftig daher nur noch folgende Leistungen des GmbH-Gesellschafters berücksichtigt: Nachschüsse, Einzahlungen in die Kapitalrücklage, Barzuschüsse oder der Verzicht auf eine werthaltige Forderung. Ein Darlehen oder eine Bürgschaft können nur noch ausnahmsweise steuerlich berücksichtigt werden, wenn sie nämlich mit einer Einlage wirtschaftlich vergleichbar sind. Dies kann bei einem Gesellschafterdarlehen der Fall sein, wenn es z. B. aufgrund eines Rangrücktritts denselben Rückzahlungseinschränkungen unterliegt wie Eigenkapital.

Die neue Rechtsprechung gilt aus Gründen des Vertrauensschutzes aber erst ab dem Tag der Veröffentlichung dieses Urteils; dies war der 27.09.2017. Entscheidender Zeitpunkt ist der Tag der Hingabe bzw. des Stehenlassens des Darlehens (bei Eintritt der Krise der GmbH) bzw. der Tag der Übernahme der Bürgschaft.

Wegen dieses Vertrauensschutzes waren die Aufwendungen des Klägers aus der Bürgschaftsinanspruchnahme steuerlich zu berücksichtigen. Zwar war der Kläger bei der Übernahme der Bürgschaft noch nicht Gesellschafter; es stand aber bereits fest, dass er Gesellschafter werden wird, weil die Bank darauf Wert gelegt hatte. Die Übernahme der Bürgschaft hatte zum damaligen Zeitpunkt eigenkapitalersetzenden Charakter, weil ein ordentlicher Kaufmann zu diesem Zeitpunkt nur noch Eigenkapital zugeführt hätte.

Hinweise: Das Urteil führt zu einer grundlegenden Änderung der steuerlichen Behandlung sogenannter Finanzierungshilfen (Gesellschafterdarlehen und Bürgschaftsübernahme). Aufgrund des Vertrauensschutzes besteht Handlungsbedarf vorrangig nur für künftige Finanzierungshilfen, zu denen aber auch das sog. Stehenlassen eines Darlehens gehören kann. Künftig wird es steuerlich vorteilhaft sein, dass statt der Finanzierungshilfe in Gestalt eines Darlehens oder Bürgschaft Eigenkapital gewährt wird.